Lions-Club Worbis-Heiligenstadt organisiert im Zwei-Jahres-Rhythmus Tagesausflug für Eichsfelder Kinder
Eichsfeld. Pünktlich um 8.01 erhält am Sonnabend der Sonderzug der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) auf dem Bahnhof Nordhausen das Signal zur Abfahrt. Auch Sonderzüge müssen einen Fahrplan einhalten. Schnaufend zieht die Dampflokomotive die Wagen, in denen 61 Kinder und 28 Erwachsene als Betreuer und Helfer in einen Tag voller Abenteuer im Harz starten.
Ein großes Logo, als Schmuck an der nostalgischen Lok befestigt, weist auf die Initiatoren hin: Lions-Club Worbis-Heiligenstadt. Die Kinder und Jugendlichen kommen aus dem Kinder- und Jugendheim St. Josef Heiligenstadt, dem St.-Joseph-Kinder- und Jugendhaus Dingelstädt, dem DRK-Kinderheim Worbis, der Mutter-Kind-Einrichtung „Haus Teresa“ Kirchworbis, dem „Regenbogenhaus“ Leinefelde sowie aus Familien, die von der Caritas betreut und unterstützt werden.
Seit 2004 – das ist von Club-Mitglied Benno Schmidt, Eichsfelder Bürotechnik GmbH Worbis (EBT), zu erfahren – organisieren die inzwischen 22 Club-Mitglieder im Zwei-Jahres-Rhythmus eine solche für ihre Gäste kostenfreie Tagesfahrt in den Harz, mit unterschiedlichen Zielen. Bei der Ausarbeitung der Route steht im Mittelpunkt, was Kinder und Jugendliche besonders interessieren könnte und nicht zu ihrem Alltag gehört. Initiator war Club-Sekretär Hubert Eberle von der NTG Bau GmbH, einer Spezialfirma für Bahnsteig- und Gleisbau in Breitenworbis.
Eberle erinnert sich an den ersten Ausflug. Damals brauchten sie – und daran hat sich bis heute nichts geändert – nur in den Gesichtern der Kinder zu lesen, ihre strahlenden Augen zu sehen, um zu wissen: Das machen wir zur Tradition. Die finanziellen Mittel bringen der Lions-Club und sein Förderverein durch eigene Spenden auf. Darüber hinaus fließt der Erlös aus dem Verkauf der bekannten Lions-Club-Adventskalender in die Reisekasse.
Märchen und Sagen aus dem Harz
Am Juni-Sonnabend heißt es beim ersten Halt am Bahnhof Eisfelder Talmühle: Alle aussteigen zum Frühstück im Freien. Der Zug wird auf der Hin- und Rückfahrt an mehreren Bahnhöfen längere Haltepausen einlegen, denn auf eingleisigen Strecken muss der Fahrplan der regelmäßig verkehrenden Züge berücksichtigt werden.
Begeistert nutzen viele Mädchen und Jungen gleich zweimal an diesem Tag die seltene Gelegenheit, beim Zwischenstopp auf einem Bahnhof unter Aufsicht das Innere einer Dampflok zu erkunden.
Während der Zug durch dichten Wald fährt, holt Club-Mitglied Karl-Heinz Wittkowski, ein Zahnarzt aus Heiligenstadt, „Reiselektüre“ aus dem Rucksack. Als er beginnt, Geschichten und Sagen aus dem Harz sowie Märchen vorzulesen, ist er sofort von aufmerksam lauschenden Zuhörern umringt.
Am Bahnhof Gernrode stehen zwei Reisebusse für die Weiterfahrt zum Parkplatz unterhalb der Burg Falkenstein bereit. Vom Parkplatz aus ist Wandern angesagt, hoch zur Burg aus dem 12. Jahrhundert. Am Burgtor werden die Eichsfelder mit mittelalterlichem Flötenspiel, mit Fettbroten und erfrischenden Getränken empfangen. Angemeldet ist eine Führung mit Erläuterungen im Innenhof und im Museum.
Dann beginnt auf dem Burggelände die Greifvogelschau der Falknerei. Sämtliche Darbietungen werden mit sehr viel „Handgeklapper“, also mit Applaus, bedacht. Nach einer Stärkung im großen Zelt des Gasthofes geht es zum Parkplatz, zum Bus. Der Sonderzug wartet in Gernrode.
Müde kleine Burgfräulein und Knappen treten den Rückweg mit der Bimmelbahn an, die zwischen Burg und Parkplatz pendelt. Auf dem Heimweg ist ein Anblick am Bahnhof Alexisbad auch für manche Erwachsenen neu: Außer der „eigenen“ steht da gleich gegenüber eine zweite Dampflok. Die tankt hier für ihre Weiterfahrt eine gehörige Portion Wasser.
Für das sich anschließende Abendessen im Zug haben ehrenamtliche Helferinnen ganze Berge Brötchen und Brotscheiben belegt. Kein Vergleich mit einer Mahlzeit zu Hause am Tisch!
Als der Zug wieder in Nordhausen eintrifft, nähern sich die Zeiger der Bahnhofsuhr 20.45 Uhr. Die Mädchen und Jungen sind glücklich.
Die Organisatoren haben indes auf der Heimfahrt schon mal darüber nachgedacht, wie der „Fahrplan“ für einen ähnlichen Tag im Jahr 2020 aussehen könnte. Christine Bose / 12.06.18